Testament
Abschrift
Geschehen bei Königl. Amtsgericht Abtl. II
zu Herborn, am 19. Oktober 1876
Vermögensübergabe der
Johs. Kolb Wittwe
Katharine geb. Bechtum
zu Breitscheid an ihre
Kinder betrff.
Im heutigen Termin erschienen
- 1./ Die Wittwe des Johs. Kolb, Katharine geb. Bechtum
- 2./ Adolf Kolb
- 3./ Reinhard Kolb
- 4./ August Kolb I
- 5./ Ferdinand Kolb alle von Breitscheid und
- 6./ Henriette Kolb Ehefrau des Johs. Adolf Hofmann
zu Erdbach.
Nach Anerkennung der vorgelegten Vorruten
und Ausscheidung des Stockbuchsauszugs von Schönbach
aus Artikel 172 , worüber eine besondere
Erbtheilungsverhandlung eingeleitet werden muß
erklärte die Übergeberin, Johs. Kolb Wittwe
was folgt:
Seit 1873 Wittwe und über 60 Jahre alt
übergebe ich jetzt an meine 5 sämmtlich groß =
jährigen Kinder, Adolf, Reinhard, August,
Ferdinand, und Henriette, Ehefrau des Johs.
Adolf Hofmann zu Erdbach mein und meines
Mannes gesammtes Vermögen zu Erb = und
Eigenthum und unwiederruflich unter nach =
folgenden Bedingungen.
VII 1172
1
Von den Gebäuden Haus und Scheuer St. B. Nr
2177 und dem Hausgarten St. B. Nr. 2179 übernimt
nach dem vorliegenden Meßprotocolle Adolf
Kolb meinen Theil des Wohnhauses 3,75 Mtr. lang 7
Meter tief mit 4° 80` Hofraum und 8° Garten sammt
der Scheuer unter St. B. Nr. 2178 im Anschlage von
2250 in Worten, zwei und zwanzig hundert
und fünfzig Reichs-Mark, und August Kolb I
den anderen Theil des Hauses 6,85 Mtr. lang und
7 Meter tief bestehend aus Wohnung, Scheuer und Stall
und 9° 29` Garten im Anschlage von 4416 Mark
85 Pf. in Worten, Vier und vierzig hundert
sechszehn Reichsmark fünf und achtzig
Pfennigen. Von den Anschlags preisen hat jeder
Derselben an jedes seiner Geschwister ein
Fünftheil in genau gleichen unverzinslichen
Theilen zu Weihnachten 1876 und 1877 heraus
zubezahlen.
2
Bei den Gebäuden bleibt Alles was darin wand=
band=niet=nagel=schrauben=mauer und
erdfest ist, bei dem Hausantheil des August
Kolb außerdem auch der Tisch zwei Bänke die
Wanduhr und der Kleiderschrank bei dem Haus=
antheil des Adolf Kolb einer kammer Komode mit
Glasaufsatz und ein Tisch und in jeder Scheuer die
darin befindlichen Gerüsthölzer, sodann erhält
Adolf Kolb noch den Ofen aus der oberen
Stube des August Kolb.
3
das übrige Mobiliar, Vieh, Fuhr und Acker=
geschirr habe ich schon vor mehreren Jahren
an meine Kinder außergerichtlich abgegeben und
haben sie sich folgendes getheilt.
Diejenigen Mobiliarstücke die ich mir zu meiner
freien Disposition gehalten habe sind jedem
meiner Kinder bekannt und brauchen hier
nicht speciell verzeichnet zu werden. Die
Komode mit Glasaufsatz bedinge ich mir zur
lebenslänglichen alleinigen Benutzung.
4
In dem Hausantheil des August Kolb bedinge
ich mir den lebenslänglichen unentgeltlichen
Insitz= und des Mitbenutzungsrecht in der
Scheuer namentlich im Einzelnen
a / das Recht die untere Wohnstube mit den Haus=
eigenthümern zu bewohnen darin zu schlafen
und zwar an der selben Stelle wo jetzt mein
Bett steht, darin am Tisch zu essen und mich
Am Ofen vorzugsweise vor den Hauseigen=
thümern zu wärmen .
b / das Recht in der Küche meine Kochgeräthe
aufzubewahren, namentlich den Küchenschrank
mitzubenutzen auf dem Herde darin und
zwar ausschließlich auf dem vorderen Sofa oder
im Winter im Kochofen zu kochen und den
Siedkessel nach Bedürfnis mitzubenutzen.
c / in der oberen Stube die mir ausgehaltenen
Komode mit Glasaufsatz aufzustellen resp.
stehen zu lassen.
d / im Keller ein Viertheil des Raumes vorn am
Eingange nach meiner Wahl links oder rechts
zur Aufbewahrung von Kartoffeln und Gemüsen
oder sonstigen Knollengewächsen und ein Viertheil
des Raumes auf dem Speicher nach meiner
freien Auswahl zur Aufbewahrung meiner Frucht.
e / im Stalle Raum zur Einstellung einer Kuh und
zwar im mittelsten Stande und die Mitbenutzung
des Hühnerhauses zum halten von einigen Stück
Hühner.
f / in der Scheuer die hintere Hälfte des Boden=
raumes über dem Viehstalle in der linken
Scheuerseite zur Aufbewahrung von Heu und Grummet
das vorderste Gerüst über der Tenne für
Aufbewahren der Früchte und die Mitbenutzung der
Tenne zum Aus=und Einfahren, Dreschen und
Aufbewahren von grünem Futter im Sommer
g / freien und ungestörten Aus=und Eingang in
den ausgehaltenen sowohl als allen anderen
Räumen der Gebäude und des Hofraums zu
jeder Zeit.
5
Die Güter in den Gemarkungen Breitscheids,
Medenbach, Erdbach und Gusternhain sind in
5 Zettel gelegt und diese unter meinen Kindern
mit der Bedingung verloost worden, dass wegen
Ungleichheit der Taxen Herausgaben nicht ge=
leistet werden sollen. Bei der Verloosung
ist zugefallen.
Der Zettel Nr. I in der Taxe von 3049 Mark der
Adolf Kolb, der Zettel Nr. II in der Taxe von
3099 Mark Reinhold Kolb, den Zettel Nr. III in
der Taxe von 3o58 Mark Ferdinand Kolb
den Zettel Nr. IV in der Taxe von 3013 Mark 70 Pf
August Kolb I den Zettel Nr. V in der Taxe von
1199 Mark Henriette Hofmann wobei bemerkt
wird, dass die letztere bereits zu Lebzeiten meines
Ehemanns die ihr bei der provisorischen Theilung
zugefallenen Güter bis auf die Aushaltstücke und
die in Erdbacher Gemarkung belegenen Stücke
veräußert und den Erlös eingenommen hat.
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Von den Gütern bedinge ich mir die nachfolgenden
zum lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauche
nämlich.
Aus Zettel I Acker Nr. 2206 und von 2237 die
Hälfte an Johs. Heinrich Becker und die Wiese Nr. 2257
aus Zettel II die Acker Nr. 2212 und 2241 und die
Wiesen Nr. 1282 und 2183 .
Aus Zettel III die Acker 2201 und 2202 und 2233
sowie die Wiesen Nr. 3519 und 2269
Aus Zettel Nr. IV den Acker Nr. 2207 und die Wiesen
Nr. 2284, 3275, 2296 und 2277
Aus Zettel Nr. V die Acker Nr. 2192 und von Nr.
2205 die Hälfte an W.Bechtum und die Wiesen
Nr.2282, 2286 und 2302 ,
sowie das Obstbezugsrecht zur Hälfte von den
beiden Gärten St. B. N° 2179 b und c welche zu
den Gebäuden gehören.
7
Mein Sohn August Kolb, der Übernehmer des
Hauptgebäude, ist verpflichtet mir die Aushalts=
güter lebenslänglich zu bebauen und die Ernde mir
zuthun und zwar unentgeltlich, derselbe muß
hiernach die Wiesen putzen und wässern die Gräben
aufhalten, Heu und Grummet mähen, dörren und
nach Hause fahren, den Dung auf die Äcker fahren
und streuen, den Acker so oft es nach landwirtschaft=
lichen Regeln üblich ist ackern, mit den von mir zuge=
gebenen Früchten besäen und diese untereggen,
Kartoffeln und Pflanzen, die ich darthun, setzen behacken
und millen, im Herbst alle zeitigen Knollengewächse
aus und nach Hause thun die reifen Früchte
schneiden, binden, aufhausten und nach Haus
bringen und abladen demnächst auch dreschen
und reinigen und die Körner mir sauber auf den
Speicher bringen. Ebenso muß er meine Aushalts=
Kuh füttern und pflegen das täglich nöthige Futter
für die selbe herbeischaffen, Wasser holen das Ge=
tränke zurecht machen, den Stall reinigen, die
Kuh, wenn sie zur Weide geht aus und wieder
einlassen, sie melken den Rahm buttern, für
sonst entsprechende Verwendung der übrigen
Milch sorgen und die von der Kuh gewonnene
Nahrung mir abliefern.
8
Besitz und Genuß der Güter ist schon längst an
meine Kinder übergegangen, Besitz und Genuß
der Gebäude gehen jetzt über, Steuern und
Abgaben hat von jetzt an jedes Kind nach
seinem Loose wie auch sonstige Lasten zu tragen.
9
Für den Ruthengehalt hafte weder ich meinen
Kindern gegenüber noch diese gegeneinander.
10
Endlich muß mein Sohn August Kolb mir auch
die erforderliche Verpflegung in gesunden wie
in kranken Tagen leisten, namentlich mir Speise
und Trank aus meinen Materialien zubereiten
und mir auf den Tisch oder wenn ich, was ich
allein zu entscheiden habe nicht außer Bett sein
kann zu jeder Mahlzeit warm an das Bett
vorsetzen, meine Stube reinigen und lüften, mir
Bett und Leibwäsche waschen und flicken, mein
Bett machen und in angemessenen Zwischen=
räumen mit neuem Leinen decken, mir Holz
und Licht stellen und meine Stube stetz ge=
hörig erwärmt halten wogegen er mein
halbes Loosholz zu beziehen haben soll, mir alle
Gänge nach dem Arzt und in die Apotheke thun
die vom Arzt verordneten Krankenspeisen
und Stärkungsmittel herbeischaffen, und
zubereiten mir die etwa nöthigen besondere
Krankenpflege leisten und mir sonst jede
Hülfe und Handreichung gewähren die mein
Alter und mein jeweiliger Gesundheitszustand
erfordern sollten auch wenn solches hier nicht
besonders bedungen sein sollte, endlich auch
die Gemeindearbeiten für mich leisten gegen
Bezug des etwaigen sonstigen Gemeinde=
nutzens außer dem Loosholzen.
Die Kosten meiner Krankheiten will ich
Selbst bezahlen ; in dem unverhofften Falle
Dass ich langwierig krank werde und
meine Mittel zur Deckung der Krankheitskosten
nicht ausreichen sollten müssen diese meine
Kinder gemeinschaftlich bezahlen.
11
Im Falle meines Ablebens behält mein Sohn
August Kolb alle im Augenblicke meines
Todes bereits eigeweideten und in seine
Gebäude oder Hofraum verbrachten Aushalts=
crescenzien ohne Entschädigung allein als
Eigenthum ; von dem was aber im Augenblicke
meines Todes noch auf dem Grund und Boden
steht, erhält in sofern er solche aus gestellt hat
die Hälfte der Erndte, während die andere Hälfte,
wie die noch ausstehende Looscenz der Wiesen,
den Eigenthümern der Aushaltsgüter zufällt.
12
Die Kosten der Übergabe und Verbriefung
tragen meine Kinder zu gleichen Theilen.
Weitere Bedingungen will ich nicht stellen
und bedinge ich mir, dass mich im Nothfalle
wenn ich bei meinem Sohn August nicht bleiben
könnte, was ich allein zu entscheiden habe,
jedes meiner anderen Kinder in seine Gebäude
aufzunehmen und Alles das zu leisten ver=
pflichtet ist, was mein Sohn August unter
Pos. 7 und 10 oben zu leisten übernommen hat
ganz unter den selben Rechten und Pflichten
wie dieser.
Ich beantrage hiernach das Ab=und Gutschreiben
der Immobilien in den Stockbüchern Eintrag
der mir bedungenen Insitz=und Nießbrauchs=und
Obstbezugsrechte und Zufertigung der vor=
geschriebenen Urkunden an meine Kinder
und eines Aushaltsbriefes für mich.
v. g. und zugefügt.
Von meinem Sohn Adolf und Reinhard Kolb
hat jeder Einhundert Gulden schlechtes Geld
im Lours den Thaler zu 108 kr ( Louisd`or ) als Unter=
stützung erhalten, diese Beträge haben diesen
demnächst bei Theilung meines Nachlasses
gegen meine anderen Kinder zurückzustehen
beziehungs weise hat jedes der anderen
Kinder den gleichen Betrag vorabzuerhalten
und was dann noch übrig ist soll gleich heitlich
getheilt werden, Adolf Kolb hat Recht
nach 4 Wochen von heute an, unentgeltlich
die Hausantheile des August Kolb mit zu bewohnen
und bis dahin die zwei Thüren im unteren
Stocke und eine Thüre auf dem Speicher, welches
die Verbindung beider Hausantheile vermitteln
mit Tuffsteine zu zumauern.
v. g. u.
Katharina Kolb
unterschrieben
Die übrigen anwesenden Kinder der Über=
geberin erwiederten:
Wir nehmen die Vermögensübergabe unserer
Mutter mit Dank an, erkennen alle von
Derselben zu Protocoll erklärten uns vorge=
lesenen Bedingungen der Übergabe als richtig
und zwischen uns vereinbart an, geloben und
versprechen auf jedes soweit es davon berührt
wird, getreue und gewissenhafte Erfüllung der
uns auferlegten Verpflichtungen und beantragen
hiernach ebenfalls das Ab=und Gutschreiben
der übergebenen Immobilien in den Stockbüchern
Eintrag des bedungenen Insitz=Nießbrauchs=und
Obstbezugsrechte und Zufertigung der gesetzlichen
Urkunden an uns.
v. g. u.
Adolf Kolb
Reinhard Kolb
August Kolb
Ferdinand Kolb
Henriette Hofmann
unterschrieben
Hier Begl.
Willmann
Oberamtsrichter
Breitscheid -Geschichtstafel
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