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geschichtsübersicht
Die Ortschronik von Reinhard Kuhlmann - Seite 99

die giftigen Dünste der Pest. Ganze Familien wurden in kurzer Zeit von der Pest dahingerafft". Der Pfarrer Plebanus von Miehlen hat das namenlose Elend dieser Jahre aus eigner Anschauung geschildert, z.B. wie die Kuhhirtin von Ruppertshofen von ihrem toten Manne Fleisch gekocht und mit ihren Kindern gegessen habe, und auf die Frage, wie es ihr geschmeckt habe, geantwortet habe, wenn sie nur ein wenig Salz dazu gehabt hätte, hätte es gut geschmeckt; ferner wie in den Häusern Kranke gelegen hätten, Totengerippen ähnlich. Keller fügt diesen Berichten hinzu, daß solcher Jammer auch in den Gegenden der Lahn, Dill und Sieg geherrscht habe. Steubing bringt einen Bericht aus dem Jahre 1636, wo es heißt: "Es drängten sich in Herborn viele aus- und inländische Armen zusammen... Die Armen mußten alle unter dem Rathause erscheinen wo ... Körbe voll Brods unter sie ausgeteilt wurden. Darauf mußten die Fremden ausziehen. Sie blieben aber vor der Stadt: und da wurde alle Tage um 11 Uhr mit Austeilung des Brods vor den Thoren fortgefahren. Entsetzen erweckte es bei jedermann, als ein paar fremde Leute, die sich etliche Tage unter dem Rathause verweilt hatten, aus großem Hunger sich von dem Schindanger große Stücke von dem umgefallenen und krepierten Vieh holten und kochten."

Nun einen Blick in unser Dorf!

Da unser ältestes Sterbebuch erst mit dem Jahre 1636 beginnt, so können wir nicht mit Zahlen über das große Sterben in 1635 dienen. Die Kastenrechnung dieses Jahres führt von Martini bis Christtag keinen Almosenempfang auf, "weill die leuth hie und da (d.h. allenthalben) im elend gewesen". Die erste Eintragung von dem Pfarrer Wissenbach aus 1636 im Sterbebuch lautet: "Anno 1636. multi peste obierunt", d. h. viele starben an der Pest. Die weitere Eintragung lautet:

  • Jochem Vd sein sohn Conrad, peste necati.
  • Catarina, Johannchen Görg Hausfrau, peste.
  • Peter Crantz (:Divini verbi amator: (1)) obiit 1)d.h. Peter Crantz (ein Freund göttlichen Wortes) auf dem Markt in Herborn umgekommen, indem er von den in der Umgebung von Herborn beutemachenden Soldaten erstochen wurde.) Uff den Herbornischen Marckt vor Pfingsten (dopeto percuhsnsä mility pagum nrum spoliantiby.
  • Anna, Jost Kolben Hausfrauw, peste.
  • Margaretha, Jochems tochter, e peste.
  • Ann Elsbeth, Johan Conrads Hausfrau, peste.
  • Friedrich Groß, peste. (Es waren also von den acht Verstorbenen sieben der Pest erlegen.)

Um 1635 war in Breitscheid ein neues Pfarrhaus gebaut worden. Als Pfarrer Wissenbach (*) (1636-1647) seinen Einzug hier hielt, mußte er zunächst anders wo wohnen. Er erzählt davon. "bin damals in Bast peiffers hauß eingezogen, weil damals das pfarrhaus neu gebaut worden. habe aber nichts vorgefunden als das theil des Hirb. sonsten im geringsten keinen hausraht, weder tisch noch stul, bank oder schaft pp. : ist auch kein Kasten schloß oder schlüssel mehr beyhanden gewesen. also daß von niemand einige liefferung mir beschehen ist." - Auf das Bauen des neuen Pfarrhauses weist ein Punkt der Kastenrechnung des Jahres 1635 hin: Im März waren Theisen, dem Zimmermann von Erdbach, als er am Pfarrhaus (=bau) schwach geworden, 5 Albus Almosen gesteuert worden.

Sehen wir nun noch ein wenig in die alten Zivilstandsregister. Mit Erschütterung liest man auf den ersten vergilbten Blättern des Ehebuchs, wie der Krieg die Familien zerrissen hatte. Sämtliche Personen der 10 Paare, die 1636 heirateten, waren verwitwet! Die Überlebenden


*) Das damals gebaute Pfarrhaus stand an der Stelle der jetzigen Pfarrscheuer und wurde 1845/46 durch unser heutiges Pfarrhaus ersetzt.-
*) Nach dem Sterbebuch zu Wissenbach bei Dillenburg, 1636, sind dem Pastor Henrich Wissenbach zu Breitscheid Kinder (oder nur ein Kind ?) in Wissenbach gestorben, "so damals (24. Junius) wegen des streiffenden Volckes zu Wissenbach gewohnet." (Danach hat wohl der Pfarrer das Dorf Wissenbach für sicherer gehalten als Breitscheid und seine Kinder dort wohnen lassen.)

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von Kornelia Pelz übersetzt

 

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Eine Gesellschaft hat keine Zukunft, wenn sie sich nicht an die Vergangenheit erinnert.
zitiert aus dem "Herborner Tageblatt"

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