Zur Besiedelung der Heimat (2)
sen sein, nach ihm benannte man die Mark. "(Wagner). Der Ausbau der Mark hat dann viele Jahrhunderte beansprucht. Man unterscheidet mehrere Siedlungsperioden. Es gilt für weite Gebiete als Regel, dass unter den neueren Ortsgründungen die Bach- Siedlungen (mit der Endung -bach) zu den älteren gehören. Wir finden diese Regelung auch bei uns bestätigt.
Die nächsten, nach dem Gebirge zu liegenden Orte rechts der Dill (diese Seite soll uns hier nur beschäftigen) sind fast alle Bach- Dörfer. Von den alten Sitzen an der Dill wohl, hauptsächlich von Herborn aus ist zur weiteren Urbarmachung und Besiedelung der Mark die Rodhacke nach und nach bis an den Rand des Gebirges vorgetragen worden und die in dem selben Zeitraum gegründeten Orte erhielten die gleiche Endung im Namen. So entstanden, in einem Bogen um Herborn herumliegend, die Orte Fleisbach, Merkenbach, Hörbach, Schönbach, Erdbach, Medenbach, Donsbach, und in der Haigerer Mark noch Langenaubach und Flammersbach. Nur Uckersdorf und Amdorf weichen in der Namensendung ab. Amdorf aber stellt Aug. Becker in seinen "Beiträgen zur Siedlungskunde des hohen Westerwaldes nicht zu der Gruppe der Ortsnamen auf - dorf, sondern zu den ältesten Siedlungen an der Dill, da seine Endung, die unserer Sprache nicht mehr angehört, eigentlich phe = Wasser heißt. (alte Formen des Stammes: Amberfe, Ammerphe; im Volksmund "Ammeroff"). Seiner Lage nach ist es doch wohl der 2. Periode zuzurechnen und mit den Bach- Dörfern gegründet worden.
Nachdem die bach- Siedlungen entstanden waren, ist wohl ein gewisser Stillstand oder doch eine Verlangsamung in der weiteren Besiedelung unseres Gebietes eingetreten; außer Waldaubach erscheint kein Dorf mehr mit - bach auf dieser Seite der Herborner Mark. Es war nicht verlockend, sich weiter hinauf anzusiedeln; das Waldgebiet mit seinem unwirtlichen Klima schreckte ab.
So kann der hochgelegene Teil unserer Heimat eine geraume Zeit später besiedelt worden sein. Höhensiedlungen sind meist Spätsiedlungen. Auch nach der Arnoldschen Einreihung der Ortsnamen sind die Dörfer mit den Namensendungen -hausen, -dorf, -scheid, -born, wie sie auf unsern Höhen erscheinen, jünger als die Bach - Siedlungen;
für noch jünger gelten die Orte mit den Namen auf -berg, -roth, -hain, -stein und -mühlen, die alle im hochgelegenen Teil des Dillkreises vorkommen. Diese jüngste Periode der Ortsgründungen wird in die Zeit vom 9. bis ins 13. Jahrhundert verlegt. Zur Zeit Karls des Großen (um 800) hat demnach eine ganze Anzahl unserer Höhendörfer noch nicht bestanden. (Nenderoth wird aber schon 993 urkundlich erwähnt). Im 13. Jahrhundert sollen die Ortsgründungen bei uns zum Abschluss gekommen sein.
Die Ortschaften auf -scheid finden sich meist da, wo sich etwas scheidet, wo Grenzen verlaufen. Es trifft dies auch bei uns zu. Die Dörfer Breitscheid, Rabenscheid und Liebenscheid liegen an der Grenze des alten Haigergaues: ferner gehören sie dem Teil des Gebirges an, wo die höchsten Erhebungen liegen, welche die Wasser nach Osten und Westen scheiden, und endlich verläuft zwischen ihnen auch eine Sprachgrenze, die sogenannte "Dat- und Watgrenze". (In Breitscheid sagt man "dos" für "das", im gegenüberliegenden Rabenscheid "dat"). Die Namen dieser Dörfer sind also, was ihr Grundwort betrifft, sinnvoll gewählt. *)
Alte Sagen über die Gründung der Dörfer - können sie großen Anspruch auf Glaubwürdigkeit erheben? Und doch sei eine aus Erdbach hier aufgenommen, weil sie das bestätigt, was aus den vorstehenden Ausführungen hervorging, nämlich, daß Breitscheid jünger ist als Erdbach, und daß seine Gründung vom Osten aus erfolgt ist. In beiden Dörfern, wenn auch etwas verschieden lautend, ist die Sage lebendig. Der alte Jäger von Erdbach, Pfeifers Jakob, suchte meine Zweifel zu
*) Nach der Lage unserer Dörfer auf -scheid ist anzunehmen, dass sie erst in der jüngsten Siedlungsperiode entstanden sind. Siehe Rabenscheid auf freier Hochfläche! Hier siedelt man sich mit am letzten an. Überhaupt darf man sich nicht sklavisch an die Einteilung der Ortsnamen binden, sie gilt nur im allgemeinen, was Prof. Arnold selbst immer wieder betont.
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von Kornelia Pelz übersetzt
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