Dezember 1700 an seinen Hauptgegner in Herborn, den Inspektor Hildebrand, schrieb, der Herr habe Gericht über ihn ergehen lassen, weil er seine Kirche vewirret habe, und er bitte um Vergebung, - das konnte seiner Sache nicht dienlich sein. Was aber so tief die Herzen ergriffen hatte, war nicht kurzerhand abzutun. Die pietistische Bewegung in unserer Heimat, die so hochgehende Wogen geschlagen hatte, verebbte erst ganz allmählich.
Wir haben hier in gedrängter Kürze über diese geschichtlichen Vorgänge berichtet, um das Verständnis anzubahnen für ein urkundliches Zeugnis aus dieser Zeit, das uns wert erscheint, seiner Verborgenheit in den Pfarrakten zu Breitscheid entrissen und ans Licht gezogen zu werden. - Horches Einfluß hatte weitere Kreise gezogen und auch die Bewohner der Dörfer erfasst. Die bäuerliche Bevölkerung hatte ja Gelegenheit gehabt, Horche auf den Wochenmärkten an den Donnerstagen zu hören. Steubing schreibt auch in seiner "Topographie" um 1790 von Uckersdorf: "Zu Anfang dieses Jahrhunderts sind hier viele Pietisten, besonders Horchianer, gewesen". Wie die Bewegung im Kirchspiel Breitscheid, besonders in Medenbach Wurzeln geschlagen hatte, erfahren wir aus der schon angedeuteten Urkunde, einem Bericht des Pfarrers Wehler an den Fürsten und das Konsistorium in Dillenburg im Jahre 1704, der sich in anschaulicher Weise wie folgt über das Sektenwesen verbreitet: "Nicht wenigeren schaden empfindet die Kirche durch das so gar wie eine pestilentz eingerissenes Zankwesen, worinnen Viele so gar erbittert sind, daß sie jahr und tag dabei verharren, predigern und ältesten bey gewöhnlichen haußvisitationen und andern privatzuredungen auf wohlgemeinte Erinnerungen unbescheidentlich antworten, zu widriger religion sich zu begeben androhen, die zu gutem Zweck angedrohete obrigkeitliche hüllfe verspotten, das heilige abendmahl, weiß mit welcher maasen, ohne offentliche communion und annehmung eingesetzter Zeichen, halten und geniessen zu können vorgeben, und (sich) sonst in allem weg und wandel so verhalten, daß von ihrer besserung fast zu zweifeln (ist); unter welchen vor allem andern, so viel (ich) erkennen kann, sich nahmentlich heraußsetzen, Anna Margaretha, Jost Henrich Nicodemi hinterlassene wittib, und ihre tochter Anna Margaretha, Daniel pauschen eheliche haußfraw, beyde zu Medenbach, welche in dergleichen ärgerlichem wesen biß ins dritte jahr annoch verharren."
Nachtrag zur Geschichte der Landschulen (zu Seite 115)
In einem Reskript von 1654 heißt es: "Die Pfarrer sollen ihre Schulmeister in ihren eigenen Diensten nicht allzu viel gebrauchen und ihres Gefallen nicht Schulden eintreiben lassen, übers Feld schicken oder daheim zum Holzspalten, Dreschen, Gärtnern und dergleichen anstellen, weil dadurch die Schulkinder nicht wenig versäumet werden. Auch soll es nicht geduldet werden, daß die Schulmeister Wirtschaft treiben oder daß man ihnen Dorfschützen und andere dergleichen Dinge anhänge. Wenn sie neben ihrem Amt Spielleute sein wollen, müssen sie entweder dieses oder jenes Aufspielen oder ihren Dienst aufgeben.
Zu Seite 116. Die Dienstanweisung an die Pfarrer von 1705 enthält unter anderem folgendes über die Schulen: Bei den Schulen, "an deren guter Bestellung alles hanget", befindet sich großen Mangel, indem entweder die Eltern ihre Kinder säumig oder gar nicht in die Schule schicken, zu früh wieder aus derselben nehmen, auch keine Zucht an ihren Kindern leiden können, und dahero die Schulmeister hart anfallen; das Schulhalten anbey zu früh aufhöret, und vor spatem Herbst nicht wieder anfangen wird, die Schulmeister nach Belieben von den Gemeinden wollten an und abgesetzt werden, endlich der Gehalt derselben gar gering ist, so soll ... hinfüro kein Kind zum heiligen Abendmahl zugelassen werden, das die Schulen versäumet oder sich derhalb allzu früh entzogen und dahero vom Schulmeister kein gut Zeugnüß beybringen kann. - Die Schulen sollen die Kinder bis ins 12. und 13. Jahr besuchen. Die Schulen sollen auch des Sommers gehalten werden vor oder nach der Gebetsstunde, und die Gemeinden sollen verbunden sein die Schulmeister auch des Sommers zu halten. Ohne vorwissen und Bestätigung des Konsistoriums soll kein Schulmeister angenommen oder entlassen werden. pp.
seite-397 - seite-399
von Kornelia Pelz übersetzt
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