einer in Breitscheid zurück. Süße Bande sollen ihn an Homanns Haus (Nickels) gefesselt haben, wovon der Vater der Schönen nichts wissen wollte. In der Spinnstube soll es noch zu einer Schlägerei gekommen sein. Noch anderes wird erzählt, doch ist der Fall nicht mehr ganz aufzuklären. Was nun auch der Franzose getan haben mag, die Art und Weise, wie man sich seiner entledigte, ist selbst unter Berücksichtigung der außergewöhnlichen Zeitumstände nicht zu rechtfertigen. Solche Rachetaten machens nicht besser auf der Welt. Zwei Breitscheider, darunter der Häfner H. , ein "barbarischer Kerl" (d.h. groß und stark), führen den Burschen in den nahen Wiesengrund "Altstück" zu einem tiefen Bruche. Jetzt weiß er, daß sein letztes Stündlein geschlagen hat, er fleht sie an, und hebt ein jämmerliches Geschrei an, aber "es batt en hilft alles naut, bet `m Kopp derirscht" geht es mit ihm in den kühlen braunen Brei, bis sich der Sumpf über seinen Fußsohlen schließt. Noch lange Zeit nachher wichen empfindliche Gemüter beim Heumachen der Schreckensstätte aus. Unsere Alten meinten, es wäre ein Glück gewesen, daß sich die Franzosen auf dem Rückzug befunden hätten, sonst wäre es dem Dorf übel ergangen. (Möchte unsere Chronik nie mehr von einer solchen schwarzen Tat der Breitscheider zu berichten haben!)
1819 Driedorfer Kirchenbuch: Johs. Klaas Ist mit dem Militär nach Russland gezogen und nicht wieder zurückgekehrt.
Am 29. November 1813 starb in Driedorf ein französischer Deserteur am Nervenfieber. (Kirchenbuch Driedorf)
Dann kamen die Russen.
Der Durchzug derselben durch Dillenburg am 5. November soll von morgens bis abends ununterbrochen gedauert haben. Ein Zuschauer soll geäußert haben, mit diesen Truppenmassen könnte man die ganze Welt schlagen, worauf ein Offizier entgegnet habe, das schicke so viel wie ein Mann. - "Die Heere blieben am Rheine steh'n, über einen Monat lang. Das Hinterland hatte Einquartierung. Bei uns blieben die Russen, raue Kosaken, deren Gebahren in Breitscheid nicht wenig auffiel. Sie wältzen sich "pullnackig" im Schnee in den "Gaarten" (Setzlingsländer am jetzigen Schulweg),; schlugen das Eis im Katzenweiher auf und badeten darin. Streng war die Zucht im russischen Heere. Schlug einer über die Stränge, so bekam er auf der Pfarrwiese die Kehrseite verprügelt. "Lieber den Franzos als Feind, als den Ruß als Freund", so trägt mir Rehehes Wilhelm die Meinung der Alten zu. Die Franzosen wollten feiner gekocht haben, aber die Russen entwickelten einen großen Appetit. Die Breitscheider Frauen wollen lieber drei Franzosen als einen Russen verköstigt haben. Die Kosaken setzten sich um einen Groppen Säukartoffeln und aßen wie ein "Gord" (Gardist).
Endgültig überwunden wurde Napoleon erst in der Schlacht bei Waterloo. Zwei Rabenscheider und zwei Breitscheider machten sie mit. Lippse Theodor von hier bewahrt noch mit Stolz die Denkmünze auf, die seinem Großvater als Teilnehmer an derselben verliehen wurde. Der Engel des Friedens schmückt darauf einen Krieger mit dem Lorbeerzweig. Die Umschrift lautet: "Den Nassauischen Streitern bey Waterloo den 18. Juni 1815". -
Am 13. Dezember 1813 wurde Joh. Jost Georg in Rabenscheid ein totes Kind geboren. "Durch den Schrecken, den die Mutter bei russischer Einquartierung erlitten hat, ist diese Todgeburt höchstwahrscheinlich erfolgt." (Kirchenbuch Driedorf)
1811, als die Kirche von Rabenscheid brannte und andere Gebäude ganz abbrannten, eilten die Breitscheider rasch herbei, brachten vom Aubach eine Spritze voll Wasser mit und retteten so den unteren Teil Rabenscheids. So erzählte mir Theodor Zöllner.
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von Kornelia Pelz übersetzt
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