rat in Breitscheid, dem Vorsteher des Dorfes, fand ich noch zwei Munizipalräte, die wohl den Charakter unserer heutigen Gemeindeschöffen hatten. Unser Maire (gesprochen: Mär), "Direktor Donsbach der Munizipalität Hörbach", ein Medenbacher, wohnte in Medenbach (jetzt Haus des Heinrich Winkel). Man sagt, er habe eine Macht gehabt, wie später ein Amtmann. In Uckersdorf wohnte der Maire - Adjunkt (Beigeordnete) Kusenberger, bei welchem die Breitscheider die Zivilstandsanzeigen tätigen mußten. Solange dieses nicht geschehen war, durfte der Pfarrer die betreffende Amtshandlung (Trauung, Taufe, Beerdigung) nicht vornehmen. - Über den Maires stand Schmitz in Dillenburg, Präfekt und Unterpräfekt in einer Person. - Vor mit liegt ein Schriftstück aus der damaligen Landesverwaltung, ein Breitscheider Hypothekenbrief von 1811. Er trägt den Stempel: GRAND DUCHÉ DE BERG (Großherzogtum Berg) und beginnt: "Im Namen Napoleons, Kaisers der Franzosen, Königs von Italien, Protektors des Rheinbundes"; er trägt die Unterschriften des Munizipalraths Stahl (Breitscheid), des Maire Donsbach (Medenbach) und des Großherzoglich Bergischen Notars Dörr (Dillenburg).
Die fremden Herrscher hießen unsere Vorfahren die hohen Tage Frankreichs festlich begehen. Es mußten die Geburtstage der französischen Herrscher gefeiert werden, ebenso Dankgottesdienste für die Siege Napoleons über Preußen, Österreich und Spanien. In das Kirchengebet wurde die Fürbitte für Napoleon aufgenommen. Der Wortlaut des Gebets für Napoleon mußte ins Reskriptenbuch im Pfarrhaus eingetragen werden. Unser Pfarrer Jousseaume, der als Nachkomme der Hugenotten noch französisches Blut in sich fühlte, hatte doch den Mut, drei Ausrufungszeichen hinter das "Amen" im Reskriptenbuche zu setzen, als ob er sagen wollte: "Das mutet man uns zu! Wie kann nur ein Gebet irgendeine Wirkung haben, wenn es ohne die innere Zustimmung der Betenden geschehen muß!"
Wie wirkte sich der Druck der Fremdherrschaft aus? Ausführlicheres darüber habe ich in den Dillenburger Heimatblättern (Jahrgang 1930) gebracht. Hier möge nur ein Weniges folgen. - Söhne der Heimat wurden zum französischen Heer eingezogen. Aus Breitscheid machte Joh. Jost Küster die Kämpfe in Spanien mit; wie erzählt wird, auch Adam Henning (der erste Henning in Breitscheid). Küster entfloh dem französischen Heer mit mehreren anderen aus der Dillenburger Gegend und hatte nun ein unstetes Leben (sogar in der Heimat) zu führen. (Rehehes) Wilhelm erzählt davon: Als der "Hannjust" (auch "Schmiedhannjust"), wie der Flüchtige mit seinem volkstümlichen Namen hieß, durch Erdbach seinem Heimatdorf im Halbdunkel zuschritt, rief ihm ein Erdbacher zu: "Hi, do kimmt jo aach der Hannjust vo' Bratsched!" Der aber geht stumm fürbaß und tut, als sei er's nicht. Glücklich im Elternhause angelangt, haust er nun auf der Bühne (= Speicher). Aber das "Hannjust komm `rob zoum Esse!" war auf die Straße gedrungen. (Es war in Lippse Haus am Medenbacher Weg [jetzt Haus des August Reeh] ). Der Heimberger kommt und sagt zum Vater, dem "Schmiedlipps", das Leutgeschwätz gin-
Ein "(Consurbirter)" (Ausgehobener) aus Driedorf mußte 1811 zu den Großherzoglich-Bergischen Truppen nach Mainz abgehen und von dort im Jahre 1812 den Feldzug nach Russland mitmachen, aus welchem derselbe nicht zurückgekehrt ist. (Kirchenbuch Driedorf). Der Mann war verheiratet, denn seine Tochter heiratete 1826; er hieß Johannes Haas.
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von Kornelia Pelz übersetzt
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