cher war, gingen viele Einwohner und ich mit ihnen nach Breitscheid ... Gott bewahre uns vor solchem Elend!" - Soweit die Eintragungen des Schönbacher Pfarrers.
Die Orte an und in der Nähe der Frankfurter und der Leipziger Straße (Rother Chaussee) waren besonders gefährdet, als sich im Wechsel des Kriegsglücks die Feinde zwischen Altenkirchen und Wetzlar gegenseitig hin- und herjagten. Der Pfarrer auf der Neukirch mußte im Hemd flüchten. - Die Willinger sollen in den Breitscheider Wald geflohen sein. Eine Frau kam dort nieder. Als das Wetter sich verzogen hatte und die Familie wieder ihr Heim aufsuchte, stürmten die Kinder vor großem Hunger den Tischkasten, aber es war kein Brot mehr drin. Im Stall alles leer, nur ein Kinderkleidchen hing an der Raufe. - In Hohenroth widerstand ein schwerer Kasten aus Eichenholz den Angriffen der Franzosen, und die Axthiebe daran hielten bis auf die neueste Zeit den Nachkommenden eine stumme Predigt von den damaligen Bedrängnissen der Heimat.
- Auch Plünderungen in Gusternhain. Eine Frau daselbst erzählte davon ihren Enkeln: "Aich schwaßt (von schwätzen) französich bet dem Franzus: Strump (Strumpf) mei' net dei!" Und damit hatte sie deutsch mit ihm geredet. - In Rabenscheid erzählt man, daß die Franzosen einmal ihr Lager oberhalb Waldaubach an der hohen Straße aufgeschlagen hatten und von da aus allerlei Räubereien in Rabenscheid verübten. Einmal nahmen sie mehrere Pferde mit. Der Heimberger Schneider eilte ihnen nach und erhielt sein Pferd wirklich wieder zurück, aber die andern blieben verloren.
In Breitscheid hat uns niemand eine so anschauliche Schilderung der damaligen Ereignisse in der Heimat hinterlassen, wie die oben mitgeteilte des Schönbacher Pfarrers. Aber im Gedächtnis des Volkes ist auch hier noch vieles über diese Zeit lebendig. Die Heimsuchungen des Westerwaldes durch die Franzosen waren eben so schwerer Art, daß sie so leicht nicht vergessen, sondern von Geschlecht zu Geschlecht weitererzählt wurden mit der Mahnung: "Bittet Gott, daß kein Feindsvolk ins Land kommt!" - Was die Breitscheider Überlieferungen uns zu berichten wissen, läßt uns über den Zeitpunkt der Geschehnisse im Unklaren. Das Volk verlegt sie ganz naturgemäß alle in die napoleonische Zeit, unsere eigentliche Franzosenzeit (1806-1813). Napoleon, der Gewaltige, haftet in seinem Gedächtnis, und um ihn rankt es dann alles, was auf die Franzosen in diesen ganzen Zeiträumen zurückgeht. Wir müssen aber die nachfolgend aufgeführten Ereignisse in der Hauptsache in die Zeit der Revolutionskriege, die 1790er Jahre verlegen, besonders die schlimmsten darunter, die den zuchtlosen Banden der dem Hexenkessel drüben in Frankreich entstiegenen Revolutionsheere am ehesten zugemutet werden können, denn unter Napoleons Regierung waren doch im allgemeinen geordnete Verhältnisse, in denen die Führer die Truppen mehr in der Hand hatten. Aber auch da sind böse Erfahrungen nicht ausgeblieben. Wir führen im folgenden die Berichte im Zusammen-
seite-155 - seite-157
von Kornelia Pelz übersetzt
|