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Ernst Henn

Der alte Kirchhof

Nach kirchlicher Ordnung konnten in alter Zeit die Verstorbenen mit Ausnahme der Exkommunizierten, Selbstmörder und Hingerichteten nur in geweihtem Boden "ehrlich" zur Erde bestattet werden. Standespersonen (Adel, Geistlichkeit, höhere Beamte) erhielten Grabstellen in Kirchen und Kapellen, für die übrige Bevölkerung waren Begräbnisplätze in nächster Umgebung, die Kirchhöfe, angelegt. Für Breitscheid bedeutete dies vor der Errichtung einer Kapelle im Dorf, dass die Toten nach Herborn gebracht werden mussten, um auf dem dortigen Kirchhof beigesetzt zu werden. Diese kirchliche Pflicht war wohl die beschwerlichste von allen, und es wird verständlich, dass die Dorfbewohner im Jahre 1309 in dem Vertrag mit dem Pfarrer zu Herborn anstrebten, bei ihrer neuen Kapelle einen geweihten Be-gräbnisplatz zu bekommen, auch wenn vorerst nur ein beschränktes Beerdigungsrecht damit verbunden sein konnte.

Noch aus anderen Gründen hatte ein Kirchhof besondere Bedeutung für die Landbevölkerung. Wenn die Bauern bei Plünderungen und Kampfhandlungen vor dem Kriegsvolk flüchteten, fanden sie hier den ersten Schutz. In Friedenszeiten genoss außerdem jeder Verfolgte das Recht, sich auf dem Kirchhof der "Freiheit" in Sicherheit zu bringen, wo er zunächst von dem Verfolger nicht aufgegriffen werden durfte.

Für den Breitscheider Kirchhof werden wir annehmen können, dass er seine heutige Größe schon beim Bau der Kirche im 14. Jahrhundert erhalten hat. Das ergibt sich aus der früheren Insellage des Kirchengrundstücks zwischen zwei Quellarmen des Erdbachs, die jetzt verrohrt und überschüttet sind. Ob die Kirchhofsmauer immer den jetzigen Umfang gehabt hat, ist nicht sicher, aber möglich; der eigentliche Begräbnisplatz war jedoch früher kleiner, was auf der untenstehenden Abbildung deutlich zu erkennen ist. Das ist auch bezeugt durch einen Vermerk des Pfarrers Johann Herbst

in einer Aufstellung über die Einnahme der Pfarrei in den Jahren 1586 bis 1588, wo es heißt: "Item gibt eine jede Scheuer auf dem Kirchhof einen Hahn, Summa 13 Hähne". Demnach standen damals auf den für Beerdigungen noch nicht beanspruchten Flächen 13 Scheunen, vielleicht wegen der Feuersgefahr so weit vom Dorf entfernt oder zur Sicherung der Erntevorräte unter Ausnutzung des Schutzcharakters der geweihten Stätte, solange es das mittelalterliche Asylrecht auf den Kirchhöfen gab. In dem nächsten Einnahmenverzeichnis der Pfarrei, 1603 von Pfarrer Wendelin Gudelius geschrieben, sind die Scheunen nicht mehr genannt, Anstelle der früheren Pachteinnahme gehörte dem Pfarrer jetzt die Grasnutzung an den Flächen, auf denen die Scheunen gestanden hatten. Nach Aufzählung der Wiesen schreibt er: "Hierzu gehören auch noch die Scheuernstätten auf der Gemeinde Kirchhof". Auch in dem Verzeichnis der nutzbaren Grundstücke, das Pfarrer Henrich Wissenbach im Jahre 1641 aufstellte, heißt es: "Hierzu gehören etliche Scheuerstätten auf der Gemeinde Kirchhof, welche voller Stein und nicht zu gebrauchen." Es können dies die Steine des Fundament Mauerwerks der inzwischen entfernten Scheunen gewesen sein.
Im Jahre 1671 hatte der Schulmeister in Breitscheid Anspruch auf die Grasnutzung des halben Kirchhofs als Vergütung für den Glöcknerdienst; 1832 beschloss der Kirchenvorstand, "dass der ganze Kirchhof dem Glöckner in Zukunft belassen werden solle".

Bis zum Jahr 1749 wurden die Toten auf dem alten Kirchhof in Familiengräbern beigesetzt; von da an gab es nur noch Beerdigungen in der Reihe. Seit 1770 werden auch die Verstorbenen der Pfarrersfamilien auf dem allgemeinen Begräbnisplatz und nicht mehr in der Kirche bestattet.

Die landwirtschaftlich genutzten Flächen des Kirchhofs wurden 1836 in den Begräbnisplatz einbezogen, was wohl durch die Bevölkerungszunahme begründet war. Nach der Kirchenchronik sind damals 25 Ruten auf der Nordseite umgegraben und Steine herausgeworfen worden, "damit man diesen Platz zur Begräbnisstätte künftighin benutzen könne". Im Sommer desselben Jahres wurde auch der Weg vom Kirchhofstor bis zu den Kirchentüren gepflastert. Im Gemeindeprotokoll des Jahres 1839 sind die Kosten eines neuen Tores erwähnt, und 1840 beantragte der Amtmann Schwab in Herborn bei der Landesregierung in Wiesbaden die Genehmigung zur Ausführung von Bauarbeiten "am Totenhof zu Breitscheid". Er schreibt: "Die Gemeinde Breitscheid will in 1840 ein Stück Mauer am Totenhof, welche ganz verfallen ist, herstellen. Die Kosten... sind mit 195 Gulden 35 Kreuzer veranschlagt und im Haushalt für 1840 bereitgestellt..."

Die Sandsteinpfeiler am Eingang des Kirchhofs von der Dorfseite her stammen aus dieser Zeit. Damals sind auch die ersten Tannen an der Kirchhofsmauer gepflanzt worden Sie wurden 1923 gefällt; den Verkaufserlös stellte die politische Gemeinde (als Eigentümerin des Kirchengrundstücks) der Kirchengemeinde für die Instandsetzung der Kirche zur Verfügung. Die Filialgemeinde Rabenscheid, seit 1819 bei Breitscheid, wollte bei den Instandsetzungsarbeiten 1840 ein Tor auf der Westseite der Kirchhofsmauer angelegt haben, was der Schultheiß Klaas in einer harten Auseinandersetzung mit dem Amtmann von Herborn verhinderte. Der jetzige Eingang an der Westseite ist wahrscheinlich nach dem 1. Weltkrieg, als die Mauer ausgebessert wurde, hergestellt worden. An der Nordseite der Mauer befand sich früher ein Pförtchen zum Wasserholen an dem nördlichen Bacharm.

Beim Einplanieren des älteren, erhöhten Kirchhofteiles wurde 1962 nahe der Westwand der Kirche eine größere Anzahl Gebeine freigelegt. Es könnte an dieser Stelle ein Massengrab aus früheren Pestzeiten gewesen sein. Möglich ist auch, dass dort Knochen aus wiederbelegten Gräbern gesammelt worden sind, die nur wenig mit Erde überdeckt wurden. Ob über der Fundstelle einmal ein sog. Beinhaus gestanden hat, wie man sie auf alten Kirchhöfen zuweilen noch sieht und wie es sie vor der Reformation in unserer Gegend sicher auch gab, wird kaum noch festgestellt werden können.

Wäre die Eisenbahn Haiger Breitscheid Beilstein so gebaut worden, wie es vor dem 1. Weltkrieg vorgesehen war, dann hätte auf dem Ostteil des Kirchhofs ein vier Meter hoher Damm geschüttet oder ein Viadukt gebaut werden müssen. Als die Einsprüche damals ziemlich aussichtslos verliefen die Eisenbahnverwaltung wollte von ihrem Plan nicht abgehen und bot 2 000 Mark Entschädigung an , wurde in der Gemeinde erwogen, auf der Pfarrwiese in Dorfmitte eine neue Kirche oder ein Gemeindehaus zu bauen. Nach dem Krieg wurden die Pläne geändert, Als dann 1937 die Bahn endlich gebaut war, endete sie bei der Fabrik Und ließ das Kirchengrundstück unbehelligt.

*

Der Kirchhof in Breitscheid hat fast genau 600 Jahre seinem Zweck als Begräbnisplatz gedient. Da bei der starken Zunahme der Bevölkerung nach 1900 die Liegezeiten zu kurz wurden und auch aus hygienischen Gründen eine Verlegung in größere Entfernung vom Dorf wünschenswert schien, legte die Gemeinde 1905 westlich der Kirche und näher am Wald den jetzigen Friedhof an, der auch "Kirchhof" genannt wird, was eigentlich nicht zutrifft. Auf dem alten Kirchhof standen noch einige Jahrzehnte lang Grabsteine, vereinzelt auch Büsche als Grabbepflanzung. Sie wurden vor einigen Jahren abgeräumt. Die nach dar ersten Fällung (1923) neugepflanzten Fichten sind inzwischen zu Bäumen herangewachsen und betonen wieder im Verein mit der Mauer die Geschlossenheit der Rundanlage, die als Seltenheit unbedingt erhalten bleiben sollte.

Quellen:

Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, 171/B 280 und 211/10254
Pfarrarchiv Breitscheid, Pfarrbücher 1571-1728,
Kirchenchronik Breitscheid,
Ortschronik Breitscheid,
Gemeindeakten Breitscheid.

aus der Festschrift zur Neueinweihung der Pfarrkirche in 1970

 

 

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zitiert aus dem "Herborner Tageblatt"

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